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Allerweltskirwa in der Amberger Zeitung

Die "Amberger Zeitung" berichtet am 15. Oktober 2005 (Allerweltskirwa-Samstag) über die Ursprünge der Kirwa aus Freudenberger Sicht. Den Artikel verfasst Altkirwabursch und Heimatvereins-Vorsitzender Ferdinand Schwarz:

Obrigkeit zügelt "exzessives Feiern"

Vom Ursprung der Allerweltskirchweih: Einheitlicher Termin am dritten Sonntag im Oktober

Amberg-Sulzbach. (nd) Die Allerweltskirchweih hat in der Region eine lange Tradition. Wenn am Montag die Kapelle Wildner im Freudenberger Dotzlersaal zum Kirwatanz aufspielt, werden viele Erinnerungen an die 60er und 70er Jahre wach. Der Wildner-Hans mit seiner Kapelle bestimmte damals fast 15 Jahre lang das musikalische Kirwageschehen in Freudenberg.

Die Kapelle spielte früher zum Baumaufstellen am Samstag auf und sorgte beim Baumaustanzen am Sonntag für zünftige Musik. Auch das Kirwamoidltauschen, ein inzwischen bei der Freudenberger Kirwa ausgestorbener Brauch, erforderte den vollen musikalischen Einsatz der Wildner-Kapelle. Am Kirwamontag mussten Hans Wildner und seine Mannen erneut die Instrumente auspacken: Das Kirwabärentreiben stand auf dem Programm.

Auftritt in München

Wenn auch zwischenzeitlich nur noch Hans Wildner von der damaligen Besetzung übrig geblieben ist, so ist doch seine Musik, an der sich ganze Kirwa-Generationen erfreut haben, gleich geblieben. Die Wildner-Kapelle hatte auch Auftritte jenseits der Landkreis-Grenzen: 1972 in München, als die Freudenberger Kirwaburschen anlässlich des Kulturprogramms der Bayerischen Staatsregierung bei der Sommerolympiade im Deutschen Museum auftraten, beim Rhöner Heimat- und Trachtenfest in Oberelsbach und beim Festzug in der Hochrhön.

An diesem Wochenende wird in ganz Bayern die Allerweltskirchweih gefeiert. Seit jeher wurden die Kirchweihen an den Tagen des örtlichen Kirchenpatroziniums gefeiert. Deshalb gab es in Altbayern vom Frühjahr bis zum Herbst jede Woche irgendwo eine Kirwa. Der alte Spruch "Eine rechte Kirwa dauert vom Sunta bis zum Irta (Dienstag), es kunnt se a schicka bis zum Micka (Mittwoch)" macht deutlich, dass die Brauchtumsfeste nicht selten mehrere Tage dauerten.

Um diese Festtage in geregelten Bahnen laufen zu lassen, ließ die Obrigkeit Überschreitungen der Kirchweihfreuden früher recht streng ahnden. So hatte sich schon 1608 der Landtagsausschuss mit einem "großen Übermaß und Unordnung im Zehren an den Kichweihtage" zu beschäftigen und deshalb eine Abänderung und Verschärfung der geltenden Polizeiordnung von 1549 vorgeschlagen.

Der Obrigkeit war "großes Uebermaß und Unordnung bei den Kirchweihtägen" ein Dorn im Auge. Als geeignetes Mittel dagegen, sollten die Kirchweihen auf einen Tag reduziert werden. Offenbar wurde jedoch der Vorschlag nicht in die Tat umgesetzt. Mitte des 18. Jahrhunderts und im Zug der sogenannten Aufklärung kam es erstmals zu einer Kampagne, die sich zum Ziel setzte, das Kirchweihfest auf einen bestimmten Tag für alle zu fixieren. Da die Kirchweihen Spaß und Freude bedeuteten und die Obrigkeit meinte, nur sie könne recht beurteilen, was zum Besten der Leute war, ging es ihr darum, derartige Lustbarkeiten möglichst einzudämmen.

Deshalb plante man, die auf das ganze Jahr über verteilten Kirchweihen zusammen zu fassen und auf ein einziges Wochenende zu reduzieren. Man glaubte, so das Problem mit einem Schlag lösen zu können. Als erster legte der österreichische Kaiser Joseph II. für alle österreichischen Länder 1786 den Kirchweihtermin verbindlich auf den dritten Oktobersonntag fest.

Nicht ganz so radikal

Das Kurfürstentum Bayern wagte damals keine so radikale Maßnahme. Erst am 23. Oktober 1806 erging eine Provinzialverordnung an sämtliche bayerischen Landgerichte und Polizeibehörden: "Das Kirchweihfest soll künftig in allen Pfarrkirchen am nämlichen Tage, nämlich am dritten Sonntage im Okober, gleichförmig gefeyert werden". Die bischöflichen Ordinariate unterstützten die Sache. Nachdem an den bisherigen Festtagen jeweils ein Ablass gewonnen werden konnte, wandte sich der Bischof von Regensburg an Rom, um die Verlegung auf den neuen Gemeinschaftstermin zu erwirken.

Rom stimmte zu, was am 12. Mai 1807 "sämmtlichen Pfarrern und Seelsorgern zur Wissenschaft und Darnachachtung kund gemacht" wurde. Doch gelang die Durchsetzung der Vereinheitlichung seinerzeit nicht. 1813 waren die Behörden bereit, die bestehende Verordnung aufzuheben und zu gestatten, dass das Kirchweihfest in den einzelnen Orten an dem herkömmlichen Kirchweihtagen gefeiert werde. Die Vereinheitlichung wurde zurück gestellt, vergessen war sie deswegen aber noch nicht.

Erneuter Anlauf

Unter König Max II. wagte man einen erneuten Anlauf. Am 3. September 1849 erschien ein Rundschrieben des Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten an die Regierungsbezirke. Diese sollten zur Kirchweihzusammenlegung mit den Ordinariaten und Konsisstorien in Verbindung treten, Gutachten der Distriktpolizeibehörden einholen und darüber Bericht erstatten. Die Gründe für den über Jahrzehnte hinweg angedachten einheitlichen Kirchweihtermin lagen vor allem daran, dass die Obrigkeit in Sorge um die moralische "Volkswohlfahrt", die Sitten und "ungezügeltes Bevölkerunswachstum" war und Arbeitsamkeit und Fleiß fördern wollte.

Eine staatliche Verordnung trat 1862 in Kraft, die sowohl die Dauer der Kirchweihen als auch deren Anzahl reduzierte. Für die Kirchweihen waren nur noch drei Termine erlaubt, "wenn diese althergebracht ist". 1868 wurde dann durch allerhöchsten Erlass alle Kirchweihen auf den dritten Sonntag in Oktober gelegt: die so genannte Allerweltskirwa war entstanden.

16.10.05, Uli Piehler



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