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Scho gwusst?

Verständigungsschwierigkeiten: Was ist ein

Der so genannte "Boarische" feiert zu Beginn des 21. Jahrhunderts fröhliche Urständ auf den Kirwa-Tanzböden in der Oberpfalz. Im Klatschrhythmus 1,2 (langsam) 1,2,3 (schnell) drehen sich die Moidln und stampfen die Burschen, dass die Tanzbühne bisweilen gehörig ins Wanken gerät. Doch woher kommt der "Boarische" und was meinen die älteren Tänzer, wenn sie von den Musikanten einen "Baierischen" einfordern?

"Boarischer" und "Baierischer" sollten nicht verwechselt werden. Das Wort "Boarischer" ist eine Modeerscheinung aus Tirol, das mit der Popularität der Zillertaler Schürzenjäger und Hubert von Goiserns Anfang der 1990er Jahr seinen Siegeszug auch durch Nordbayern antrat. Die Österreicher nennen "Boarischer", was in der Oberpfalz von Alters her eigentlich "Schottischer" oder "Rheinländer" heißt. Wie so oft haben die Oberpfälzer ihr eigenen Bezeichnung (fast) vergessen und das Modewort übernommen. Ja, viele junge Kirwaburschen und -moidln glauben sogar, der "Boarische" (also der Schottische oder Rheinländer) sei eine Erfindung der Österreicher und in der Oberpfalz vor 1990 noch nie dagewesen. Das österreichische Wort "boarisch" leitet sich von "Bayern" ab, ist aber im Oberpfälzer Dialekt nicht unbedingt zuhause. Die Oberpfälzer sagen zum Beispiel nicht: "Die boarische Staatsregierung", sondern (wenn überhaupt) "die bairische Staatsregierung".

"Boarisch tanzen" - das ist ganz etwas anderes als "Baierisch tanzen". Die Jungen werden es kaum mehr glauben: "Baierischer" ist das oberpfälzisch korrekte Wort für "Zwiefacher". Auch hier hat eine Bezeichnung, die vor allem in Nieder-, Oberbayern und Österreich zuhause ist, das oberpfälzische Wort nahezu verdrängt. Und das, obwohl der "Baierische" das Markenzeichen der Musik aus der Oberpfalz schlechthin ist. Das Wort "Baierischer" hat nichts (und im Gegensatz zum "Boarischen") mit dem Freistaat Bayern zu tun. Der Name kommt von "Bauer" und bedeutet so viel wie "bäuerlicher Tanz". Ganz früher soll der "Baierische" auch als "Eintreter" bezeichnet worden sein, weil ja bekanntlich beim Walzer ein Dreherschritt "eingetreten" wird. Der Wechsel von Dreher und Walzer (2/4- und 3/4-Takt) bilden den Charakter des "Baierischen". Die meisten "Baierischen" haben auch Texte. Früher, so weiß Siegfried Binder aus Sulzbach-Rosenberg, musste ein Tänzer, der bei der Kapelle einen "Baierischen" bestellt hat, diesen zuerst vorsingen und dann auch noch bezahlen.

Kurios: In Österreich und Oberbayern gibt es tatsächlich Tänzer, denen die Oberpfälzische Bezeichnung für besagte Tänze eher geläufig sind (der Baierische stammt ja aus der Oberpfalz und wird dort als solcher gesehen). Wenn der Oberpfalz also im Inntal einen "Boarischen" tanzen will (einen Schottischen oder Rheinländer meint), die Musik aber einen "Baierischen" (also Zwiefachen) spielt, heißt es von Seiten der Oberpfälzer meistens: "Mei, die da drunten wissen nicht einmal, was ein echter Boarischer ist". Derweil ist es leider oftmals umgekehrt.

26.04.04, Uli Piehler



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